Pariser Brasserien - Bofinger
Bofinger in Paris
Zu den Elsässern, die nach Paris geströmt sind, um Brasserien im Stil des 19. Jahrhunderts zu eröffnen, gehört auch Frederic Bofinger, der sich 1864 als einer der ersten im Zentrum der Stadt, in der Rue de a Bastille Nr. 5, niederlässt.
Er führt auch als erster in seiner Brasserie eine Her-Zapfsäule ein. Ein großes Ereignis!
Ganz Paris kehrt bei Bofinger ein, um dort das herrlich schäumende Bier zu genießen! Es ist das Jahr, in dem Die Pariser entdecken, dass Bier ein erquickendes, köstliches Getränk sein kann, vor allem, wenn es frisch ist.
Das Bier aus dem Elsass, das jetzt nach Eröffnung der Eisenbahnlinie Straßburg-Paris recht schnell geliefert wird, besitzt all die Eigenschaften, die Bierfreunde schätzen.
Auf einem unten Fenster der Brasserie symbolisiert Gambrinus, der auf einem Fass thront, die Freude am Biergenuss.
Das Lokal ist nicht sehr groß, aber sein guter Ruf lockt schnell viele Gäste an, die sich um die kleinen runden Marmortische auf der Terrasse drängen.
Im Jahr 1906 übergibt Bofinger die Brasserie seinem Schwiegersohn Ibert Bruneau, der sie gemeinsam mit Louis Barraud, einem ehemaligen Oberkellner, weiterführt.
Der Aufschwung der Brasserie wird durch den Ersten Weltkrieg unterbrochen. Aber nach den vier schweren Kriegsjahren spürt jedermann wieder das Verlangen, das Leben zu genießen. Bruneau und Barraud beschließen, ihr Lokal zu vergrößern und zu verschönern. Sie kaufen in derselben Straße Haus Nr. 3 und 7 dazu und betrauen den Architekten Legay und den Dekorateur Mitgen mit den Renovierungsarbeiten.
Wenn man das Lokal betritt, taucht man sofort ein in die freundliche, gemütliche Atmosphäre, die durch die Holztheke zur Rechten sowie durch Kupferlampen, Spiegel und bunten Scheiben entsteht.
Eine Wendel reppe trennt den vorderen Raum vom hinteren großen Saal, der durch eine prächtige, mit Blumenmotiven verzierte Kuppel, einem Werk von G. Neret und E. Royer, erhellt wird.
Riesige Spiegel vervielfachen die Keramikvasen von Jerome Massier, die mit Lianen, Schwänen und Reihern geschmückt sind.
Die bequemen Sitzbänke aus schwarzem Leder sind mit Kupferleisten eingefasst, die tulpenförmigen Beleuchtungskörper verbreiten gedämpftes Licht.
Legay hat den ersten Stock für die Privaträume vorgesehen, und der Schreiner Panzani dekoriert einen der Räume mit kostbaren Intarsienplatten, eine äußerst subtile, farbenprächtige Arbeit, die die fünf Kontinente im Morgengrauen und in der Abenddämmerung zeigt.
Die Arbeit zeugt von dem Wunsch der Besitzer, rund um die Uhr Gäste aus aller Welt zu empfangen. Das gesamte Dekor verleiht der Brasserie einen unverwechselbaren neuen Stil, der in nichts mehr an den deutschen Einfluss auf die ersten Brasserien im Zweiten Kaiserreich erinnert.
Die Zugreisenden vom Gare de Lyon, Gare d'Austerlitz und Gare de la Bastille kehren gern bei Bofinger ein, um sich zu unterhalten und zu stärken.
Viele Abgeordnete aus der Gegend von Lyon und aus Südfrankreich werden Stammgäste dieser Brasserie. Zu ihnen gehört auch Edouard Herriot.
1930 wird die Brasserie erweitert und bekommt kurz danach ihr heutiges Aussehen.
Anlässlich der Weltausstellung von 1931 dekoriert der berühmte elsässische Zeichner und Maler Jean-Jacques Walz, bekannt unter dem Namen Hansi, einen der Räume im ersten Stock mit Bildern, die die reizenden elsässischen Winzerdörfer Riquewihr, Eguisheim, Rosheim, Kientzheim darstellen.
Nachdem Hansi sein Werk vollendet hat - der Raum wird nach ihm benannt -, kommt er jeden Mittwochabend mit Curnonsky, dem Gastronomiepapst, zum Essen.
Hansi zeichnet auch das Brasserie-Schild. Im hinteren Teil des Saals ist auf einer großen Einlegearbeit des berühmten Künstlers Charles Spindler »Le mariage de l'ami Fritz« (Die Hochzeit des Freund Fritz ) dargestellt. Dieses Bild mit der patriotischen Aufschrift »Es lebe Frankreich« wurde während der Besatzungszeit versteckt.
Auch der Chansonnier Aristide Bruant ist Stammgast. Jedesmal bringt er Eier vom eigenen Hühnerhof mit und lässt sich vom Koch daraus ein Omelett zubereiten. Maurice Chevalier kommt stets nach seinem Auftritt im Pacra hierher und stärkt sich mit Sauerkraut.
Im Jahr 1940 herrscht der Krieg, und mit der Brasserie geht es bergab. 1968 kaufen Eric de Rothschild und Isidore Urtizverea das Lokal und renovieren es, schaffen es aber nicht, die Brasserie zu neuer Blüte zu bringen.
Im Jahr 1982 steht sie wieder zum Verkauf. Ein Möbelhändler erwirbt sie und verwandelt die Räume in ein Lager. Schließlich aber wird die Brasserie von Georges und Marie-Louise Alexandre, Jean-Claude Vigier und Michel Vidalenc, Experten auf dem Gebiet der Restauration, gekauft und dadurch vor der Zerstörung bewahrt.
Die liebevolle Renovierung, die darauf abzielt, dem Lokal seinen einstigen Glanz und sein ursprüngliches Dekor zurückzugeben, dauert mehr als zwei Jahre: Alles soll ganz im alten Stil wiederhergestellt werden.
Die Fassade, die eine Zeitlang mit Marmor bedeckt war, wird wieder mit Holz verkleidet. Die Küche wird ganz neu gebaut. Bofinger verköstigte etwa 300.000 Gäste pro Jahr, und das gesamte Essen war im Hause zubereitet worden.
Am 1. April 1982 wird die Brasserie wiedereröffnet. Das Ergebnis ist überwältigend. Wie einst sind die Tischdecken und Servietten makellos weiß, die Kellner im alten Stil gekleidet, mit schwarzen Westen und weißen Schürzen.
Die Bedienung ist unaufdringlich, aufmerksam und schnell. »Man kann hier essen, was man will und wann man will«, bemerkt Georges Alexandre. Nach Mitternacht wird man genauso zuvorkommend bedient wie zur Mittagszeit.
Einfache oder einflussreiche Personen, berühmte oder unbekannte - alle sind willkommen. Sonntags kommen die Familien, abends strömen die Künstler und Theater- und Opernbesucher herbei.
»Die Menschen kommen nach dem Theater, aber auch wegen des Theaters!« Monsieur und Madame Alexandre, Monsieur Vigier und Monsieur Vidalenc sorgen jederzeit dafür, dass die Gäste freundlich empfangen, gut bedient und gut bekocht werden.
Im Gästebuch der Brasserie spiegelt sich das intellektuelle, künstlerische, politische und gesellschaftliche Leben in Paris von mehr als einem Jahrhundert wider. Man kommt zu Bofinger, um sich zu unterhalten, zu beobachten und Gesellschaft zu haben.
Brasserie Bofinger
7, Rue de la Bastille 75004 Paris
Tel : 01 42 72 87 82
Fax : 01 42 72 97 68
|